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Verfassungsschutz und Linkspartei 1990 bis 2014

Die Beobachtung der PDS und Linkspartei durch den Verfassungsschutz

zuletzt aktualisiert am 03.05.2025
Die Beobachtung der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) sowie der Partei Die Linke (Linkspartei) durch den Verfassungsschutz ist ein umstrittenes Kapitel der deutschen Nachwendezeit. Im Kontext der Debatte über politische Verfolgung wirft dieser Fall wichtige Fragen auf: Handelte es sich um eine legitime Sicherheitsmaßnahme zum Schutz der Demokratie – oder um eine politisch motivierte Repression gegen eine demokratisch gewählte Partei?

Verfassungsschutz und Linkspartei – eine Partei unter Beobachtung

Die PDS, die aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) der DDR hervorging, wurde vom Verfassungsschutz als potenziell verfassungsfeindlich eingestuft. Auch nach der Umbenennung in Die Linke (sog. Linkspartei) ging die Beobachtung bis 2014 weiter. 1 Der Freistaat Bayern wollte danach die Beobachtung der angeblichen „Verfassungsfeinde“ weiter fortführen. 2

Gründe für die Beobachtung

Historische Verbindungen zur SED

PDS / Linkspartei gelten als Nachfolgepartei einer ehemals diktatorischen Partei.

Programmatische Positionen

Einige Positionen der PDS und der Linkspartei, wie die Kritik am Kapitalismus und die Forderung nach einer sozialistischen Gesellschaftsordnung, wurden als verfassungsfeindlich interpretiert.

Einzelfälle von Extremismus

Einzelne Mitglieder oder Gruppierungen innerhalb der PDS und der Linkspartei standen im Verdacht, extremistische Positionen zu vertreten.

Wer genau wurde beobachtet?

Die Beobachtung konzentrierte sich auf bestimmte Personen, Gruppierungen und Aktivitäten, die als potenziell verfassungsfeindlich eingestuft wurden:

Führungspersonen wie Gysi und Ramelow

Prominente Mitglieder wie Gregor Gysi und Lothar Bisky standen im Fokus, da sie als Schlüsselfiguren der Partei galten. Auch Bodo Ramelow wurde beobachtet.3 Er wehrte sich und gewann den Prozess gegen den Verfassungsschutz.4

Linksextremistische Gruppierungen

Innerparteiliche Strömungen wie die Kommunistische Plattform (KPF) und die Sozialistische Linke (SL) wurden überwacht.

Ehemalige SED-Funktionäre

Personen mit Verbindungen zu linksextremen Organisationen oder ehemalige SED-Funktionäre wurden gezielt beobachtet.

Parteinahe Organisationen

Vereine wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung und Jugendorganisationen wie die Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken (SJD) standen unter Beobachtung.

Veranstaltungen und Medien

Parteitage, Demonstrationen und Publikationen wie „Neues Deutschland“ wurden analysiert.

War die Beobachtung politische Verfolgung?

Die Frage, ob die Beobachtung der PDS und der Partei Die Linke als politische Verfolgung zu werten ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Ähnlich wie bei der aktuellen Beobachtung der AfD gibt es Argumente für beide Seiten:

Argumente gegen die Beobachtung

Politische Motivation

Die PDS (und jetzt Die Linke) war eine demokratisch gewählte Partei, die an Wahlen teilnahm und in mehreren Landesparlamenten vertreten war. Ihre Beobachtung wurde als Versuch interpretiert, eine politische Konkurrenz zu diskreditieren.

Unverhältnismäßigkeit

Die PDS (und jetzt Die Linke) hatte sich von der SED distanziert und sich zu den Grundsätzen der Demokratie bekannt. Ihre Beobachtung wurde daher als überzogen angesehen.5

Einschränkung der Meinungsfreiheit

Die Überwachung einer demokratischen Partei könnte eine Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellen.

Argumente für die Beobachtung

Historische Belastung

Die PDS und Die Linke gingen aus der SED hervor, die in der DDR eine Diktatur errichtet hatte. Die Beobachtung war daher aus historischer Sicht nachvollziehbar.

Verfassungsrechtliche Pflicht

Der Verfassungsschutz hat den Auftrag, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu beobachten und zu bekämpfen.

Einzelfälle von Extremismus

Einzelne Mitglieder oder Gruppierungen innerhalb der PDS und der Linkspartei standen im Verdacht, extremistische Positionen zu vertreten.

Die Rolle des Verfassungsschutzes

Der Verfassungsschutz ist eine umstrittene Institution, die immer wieder in der Kritik steht. Einige sehen ihn als notwendiges Instrument zur Sicherung der Demokratie, andere als Werkzeug politischer Repression. Im Fall der PDS und der Linkspartei zeigt sich diese Ambivalenz besonders deutlich:

Die Beobachtung der PDS und der Linkspartei könnte als notwendige Maßnahme zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen angesehen werden. Andererseits kann die Überwachung einer demokratischen Partei als Versuch gewertet werden, politische Konkurrenz zu unterdrücken. Besonders deutlich zeigt sich das an der aktuellen Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.

Derzeit werden Stimmen lauter, die für eine Abschaffung eines politisch instrumentalisierten Verfassungsschutzes plädieren.6

Die Forderungen nach einem Parteiverbot der PDS

Insbesondere die CSU forderte ein Verbot der PDS mit der Begründung, dass sie in ihrer Struktur und Ideologie der SED ähnele und somit verfassungsfeindlich sei. Bayerns Innenminister Günther Beckstein argumentierte, dass Führungskader, Mitglieder, Dogmatik und Vermögen der PDS weiterhin mit der SED identisch seien und forderte daher eine bundesweite Beobachtung durch den Verfassungsschutz.

Auch innerhalb der CDU wurden Überlegungen angestellt, ein mögliches Verbot der PDS wegen Verfassungsfeindlichkeit und Volksverhetzung prüfen zu lassen.7

Fazit – keine Lehren aus der eigenen politischen Verfolgung

Der Konflikt zwischen Verfassungsschutz und Linkspartei (bis ins Jahr 2014) ist ein äußerst ambivalentes Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte:

Einerseits war die PDS eine Partei mit historischer Belastung, die kritisch betrachtet werden musste. Andererseits war sie bereits damals eine demokratische Partei, deren Überwachung durch den Verfassungsschutz als politisch motiviert und unverhältnismäßig zu kritisieren ist.

Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass führende Politiker der Partei Die Linke die aktuelle Beobachtung der demokratischen AfD durch den Inlandsgeheimdienst befürworten und sogar ein Parteiverbot fordern:

Angesichts der Neubewertung der AfD als „erwiesen rechtsextremistische Bestrebung“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz fordern am 02.05.2024 Heidi Reichinnek, Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag, und Jan van Aken, Vorsitzender der Partei Die Linke, das Verbotsverfahren gegen die AfD mit aller Entschlossenheit voranzutreiben.8

Dabei war die Linkspartei bzw. deren Vorgängerorganisation SED selber von Parteiverboten, insbesondere der ihr nahestehenden KPD, betroffen:

  1. Im Dritten Reich wurde die KPD von den Nationalsozialisten nach dem Reichstagsbrand im Februar 1933 verboten.
  2. Die KPD wurde dann 1956 erneut von der jungen Bundesrepublik verboten.
  3. In der Berliner Republik forderten vor allem CDU/CSU ein Pateiverbotsverfahren gegen die PDS.
  1. Mehr erfahren unter https://de.wikipedia.org/wiki/Beobachtung_der_Partei_Die_Linke_durch_den_Verfassungsschutz ↩︎
  2. https://www.focus.de/politik/deutschland/bayern-will-die-linke-weiter-bespitzeln-lassen-moeglichkeiten-gegen-verfassungsfeinde-ausschoepfen_id_2461062.html ↩︎
  3. https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/beobachtung-verfassungsschutz-journalisten-abgeordnete-bodo-ramelow ↩︎
  4. https://www.cicero.de/innenpolitik/linkspartei-verfassungsgericht-verbietet-ueberwachung-von-bodo-ramelow/56078 ↩︎
  5. Abgeordnetenbeobachtung durch den Verfassungsschutz unterliegt strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen, https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/bvg13-060.html ↩︎
  6. siehe z. B. Deutschlandfunk Kultur, Plädoyer für die Abschaffung des Verfassungsschutzes, https://www.deutschlandfunkkultur.de/kommentar-verfassungsschutz-afd-steinke-100.html  ↩︎
  7. https://taz.de/!1720752/ ↩︎
  8. https://www.die-linke.de/start/presse/detail/afd-verbotsverfahren-jetzt-auf-den-weg-bringen/ ↩︎
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